Freitag, 15. Dezember 2017

Divertikulitis oder Nierenstein?

Divertikulitis oder Nierenstein?  – das war hier die Frage!

Ich muss meine Wut von der Seele schreiben – sonst platze ich:

Am 23.10.2017 bat ich morgens um 7.oo Uhr meine Hausperle mir beim Ankleiden zu helfen und mich zum Hausarzt zu fahren. Seit Samstagabend hatte ich Schmerzen ohne Ende, auf der rechten Seite im Unterbauch; ich konnte weder sitzen, noch stehen, noch gehen und ich hatte keinen Stuhlgang seit Freitag. Sie fuhr mich nirgendwohin sondern rief den Krankenwagen. Auf meine Bitte hin fuhr mich der Sanka in jene Klinik in Regensburg, in der ich 2011 eine Darm-OP hatte; vielleicht war gerade das ein Fehler. Bekleidet war ich mit Nachthemd, Bademantel, gestrickte Socken und Hausschuhe; weitere Utensilien waren meine regelmäßig eingenommenen Tabletten und mein Portmonee.

Um 8.1o Uhr kam ich in der Notaufnahme an. Die erste Frage und die wichtigste aller Fragen, war: „Haben sie Ihre Kassenkarte dabei?“ was ich bejahte. Der Sanitäter übernahm alles weitere, von wegen Schmerzen, seit wann usw., da er auf der 40-minütigen Fahrt meine Antworten dokumentierte. Man verschob mich in die Kabine # 5. Als erstes betreute mich eine Krankenschwester und  schon begannen die ersten Probleme. Sie zapfte Blut und setzte mir einen Zugang, was nicht auf Anhieb funktionierte; zuerst an der Daumenwurzel, dann am Handrücken und schlussendlich in der linken Armbeuge. Es folgte die Blutabnahme, anschließend bekam ich sofort eine Infusion (?) angelegt, ein EKG wurde gemacht plus Fieber gemessen (36.9°C). Sie schaute in die angelegte Patientenmappe und meinte: „Wos, koa Stuhlgang? Das haben wir gleich, ich mache Ihnen einen Einlauf!“ Sie stellte vorher noch einen Nachtstuhl zurecht und sagte: „Gehen Sie nach dem Einlauf in der Kabine auf und ab.“ Ich versicherte ihr, dass ich das wegen der Schmerzen nicht könnte und sie verließ ohne Kommentar meine Kabine. Etwa nach 3 Minuten quälte ich mich von der Liege auf den Nachttopf und mein Darm schien zu explodieren. Zwei „Hasenpopperl“ schwammen in einer gelben Brühe. Nach etwa 30 Minuten kam sie, schaute in den Pott und meinte: „Dees is ja gar nix. Jetzt müssen`S ein Abführmittel trinken.“ Sie gab mir einen Plastikbecher mit 500ml Flüssigkeit und sagte: „Dees is guat zum Trinken, dees schmeckt nach Kirschen“ und verschwand wieder. Mit viel Fantasie hatte das Getränk einen Hauch von Kirscharoma und ich schluckte es, verächtlich, auf drei Züge. Es dauerte etwa 20 Minuten bis ich auf den Nachtstuhl musste – Ergebnis: Explosion mit klarer, gelber Brühe. Sie kam erneut, schaute in den Pott und meinte: „Dees gibt`s doch neet“ und brachte mir den 2. Becher; dasselbe Prozedere. Nun kam zu den Bauchschmerzen eine „gewisse Übelkeit“ dazu. Nach etwa 20 Minuten das gleiche Ergebnis im Pott.
Nun kam ein junger Assistenzarzt und fragte mich wo es weh tut. Ich deutete auf die Stelle und er drückte zu – gefolgt von meinem Aufschrei. Er setzte sich an den Computer und fand meine Daten von 2011. Er fragte nach meinen Allergien und sonstigen Erkrankungen und Tablettenkonsum. Ich machte ihn auf meine Tabletten im Morgenmantel aufmerksam und verwies ihn auf den Entlassungsbericht von 2011; seit dem gäbe es nichts Neues. Währenddessen kam ein 2. Assistenzarzt und fragte ebenfalls wo ich Schmerzen hätte. Ich deutete auf die Stelle und auch er drückte zu – Aufschrei! Ich sagte: „Bitte schneiden`S auf und schaun`S nach.“ Er darauf: „So schlimm?“ Ich: „Noch schlimmer!“ Und auch er setzte sich an den 2. Computer und fand meine Daten von 2011 und forderte mich auf: „Jetzt erzählen`S mal!“ Nun wurde ich etwas ungehalten und forderte: „Könnte das vielleicht einer von Ihnen jetzt mal aufschreiben? Ich erzählte es bereits dem Sanitäter, der Krankenschwester und ihrem Kollegen, der ja immer noch da sitzt“. Kurz darauf verließen die beiden, etwas beleidigt, meine Kabine mit dem Hinweis, dass ich geröntgt werden müsste.
Ein junger Mann, ein sog. Patienten-Transporter, schob mich in die Röntgenabteilung. Man schob meine Liege direkt neben den Röntgenschirm. Ich stand qualvoll auf und man machte 2 Aufnahmen von der Lunge (warum, weiß ich nicht) und 1 Aufnahme vom Bauch im Stehen mit dem Ergebnis: Im Darm keine Luft und kein Darmverschluss.

Zurück in meiner Kabine wartete ich. Nach längerer Pause kam nun der Stationsarzt der Notaufnahme, ein Slowake, sehr nett und sympathisch. Er studierte nun die sich füllende Patientenmappe und kam auf mich zu. Ich zeigte ihm die Schmerzstelle und warnte ihn sogleich: „Wenn Sie jetzt da drauf drücken, springe ich sie an wie eine Katze.“ Er lächelte, drückte nicht und empfahl für den nächsten Tag eine CT-Aufnahme vom Bauch, da das Röntgenbild nichts hergab. Zum Schluss bemerkte er: „Da steht, Verdacht auf Colitis ulcerosa – das ist Blödsinn“ – er strich den Vermerk durch.

Nachmittags gegen 14.oo Uhr kam ich auf mein 3-Bett-Zimmer (ich bin eine normale Kassenpatientin) in der „Inneren“ Abteilung. Ich bekam die Nr. B, denn Nr. A war bereits belegt von einer 89-jährigen Dame. Kaum im Zimmer, schon kam eine Schwester (sie war die Abführspezialistin der Station) und verpasste mir einen Einlauf; sicher waren nur die 2 „Hasenpopperl“ in meiner Mappe registriert und meinte: „Dees kriang mia zwoa scho hi mit dem Stuhlgang und klingeln`S, damit i mir den Stuhl o`schaung ko.“ Ab diesem Zeitpunkt benutzte ich die normale Toilette; jeder Gang dort hin war für mich eine Qual. Nach 3 Minuten der Erfolg – eine gelbe, klare Brühe. Nun verabreichte sie mir einen winzigen Becher mit Tropfen und ich musste mit Mineralwasser nach trinken. Ich bat um Pfefferminztee, damit der unangenehme Geschmack etwas nachließ. Wieder nach 20 Minuten derselbe Erfolg, allerdings schwammen diesmal 2 Fuserl in der gelben Brühe; die Abführspezialistin zeigte sich darüber sehr erfreut und sogleich bekam ich den nächsten Einlauf „do müaß ma jetzt drobleibm“. Zwischenzeitlich stellte sich der Assistenzarzt der Station vor, er ist ein Württemberger; generell habe ich nichts gegen Schwaben.  
Dann hatte ich endlich Ruhe für diesen Tag. Vermeintlich – denn Frau A machte Rabatz in ihrem Gitterbett, sie rebellierte, schimpfte und jammerte ununterbrochen auf Russisch. Das einzige was ich verstand war „steerben“; ich versuchte am Tonfall zu eruieren, ob sie sterben wollte oder sich vor dem Sterben fürchtete oder ob sie glaubte, bereits gestorben zu sein. Ich klingelte und 2 junge Schwestern erneuerten ihre Windelhose; es schien, dass sie nicht mobil war. Das Gejammer ging weiter, bis ich einen Schrei tat: „ze fix, is jetzt a Ruah!“ Etwa 30 Minuten konnte man eine Stecknadel fallen hören, dann ging das Gezeter erneut los. Gegen 17.oo Uhr kam eine neue Bettnachbarin, Frau C; irgendwie erinnerte sie mich an Andrea Nahles. Sie war frisch operiert, ließ eine Fettschürze am Bauch entfernen, nachdem sie 48 kg abgenommen hatte. Gegen 17.3o Uhr gab es Abendessen. Ich bekam Brot, Leberkäse und Essiggurke – allerdings aß ich nichts – schließlich musste ja alles wieder raus. Frau A wurde im Bett gefüttert und Frau C erhielt u.a. Bohnensalat, was ihr von der Abführspezialistin sofort wieder abgenommen wurde – eigentlich logisch; jedes Böhnchen gibt ein Tönchen – und verursacht Schmerzen bei einem frisch operierten Bauch. Gegen 20.oo Uhr bekam ich eine Infusion mit Antibiotikum; wahrscheinlich hilft das gegen alle Krankheiten, denn einen Befund gab es ja noch nicht.  

Frau A machte die Nacht zum Tage – an Schlaf war nicht zu denken.
Am 24.10. gegen 4.oo Uhr wurde die Tablettenration für den Tag ausgeteilt. Gegen 6.oo Uhr wurde Blutdruck und Fieber gemessen, kurz nach 7.oo Uhr gab es Frühstück – aber nicht für mich. Mir wurde wieder eine Infusion mit Antibiotikum angelegt.
Gegen 9.oo Uhr kam mein „Liebling“, die Abführspezialistin und ich bekam einen Einlauf. Ergebnis wie am Vortag. Darauf stellte sie mir 2 Glaskrüge mit je  1 Liter Abführsaft hin mit der Bemerkung: „Bis 10.45 Uhr müssen`S das getrunken haben, denn beim CT muss der Darm völlig leer sein.“ Nur vom Ansehen wurde mir schon übel. Irgendwann dazwischen kam die „Putzmamsell“ mit 3 Lappen. Mit ein- und demselben Lappen – er war blau – wischte sie die Türgriffe, den Abfalleimer im Zimmer, die Nachtkästchen mit Ablage, den Tisch, die 3 Stühle und die 2 Fensterbretter ohne diesen zwischenzeitlich erneut in ein Wasser getunkt zu haben. Ich verbot ihr meine Ablage zu säubern, solange ich da wäre! Bei Frau A war eben ein Arzt, der ihr ein Langzeit-EKG anlegte und sagte etwas scharf zu mir: „Lassen Sie der Frau ihre Arbeit machen.“ „Selbstverständlich – aber nicht bei mir!“ Mit dem gelben Lappen wischte sie den gesamten Waschbereich inkl. den dort platzierten Abfalleimer; mit dem roten Lappen wischte sie den WC-Spülkasten, den Klodeckel oben und unten, die Klobrille oben und unten und den Porzellansitz anschließend noch die Dusche. Ich bekam Gänsehaut vor Grauen!
Es kam eine Schwester und verlangte nach meiner Urinprobe.
Dann war Visite mit dem Württemberger und seinem Oberarzt (der lediglich guten Tag sagte). Er machte einen Rapport von meinen Problemen, ich zeigte meinen schmerzenden Unterbauch und der Schwabe drückte so schnell und fest darauf, dass es mich warf wie einen Knallfrosch – damit verlor er meinen Respekt.
Gegen 11.oo Uhr kam mein „Liebling“, begutachtete das Resultat in der Toilettenschüssel. Im 2. Krug war noch ¼ Liter Saft übrig und ich sagte: „Wenn Sie mich zwingen diesen Rest noch zu trinken, kotze ich Ihnen das ganze Zimmer voll“. Ohne Kommentar nahm sie beide Krüge mit.

Um 12.3o Uhr brachte mich ein Patienten-Transporter zur CT-Abteilung und stellte mich im Wartebereich ab, meine Patientenmappe lag unterm Kopfkissen.
Zwei ältere Mitarbeiterinnen, eine davon etwas burschikos, schoben mich in den CT-Raum und stellten mein Bett direkt neben den Apparat auf den ich mühsam kletterte und den Anweisungen der „Burschikosen“ lauschte und befolgte: „Tief einatmen, Atem anhalten und weiteratmen und jetzt wird Ihnen etwas warm.“ Sie hatte es noch nicht fertig ausgesprochen, da kochte und wallte mein Blut auf, gefolgt von einem Blitz in meinem Gehirn und schlagartig wuchsen meine Ohren gefühlt zur doppelten Größe an und ich schnappte nach Luft. Mein einziger Gedanke war: „Nun hat mein letztes Minütchen geschlagen; glaubte ich anfänglich an Bauchweh zu sterben so sterbe ich jetzt in dieser Drecks-maschine“. Ich weiß nicht mehr wie ich in mein Bett kam und zerrte nur noch an meinen Ohren. Schlagartig stand „Professor Karl-Friedrich Boerne“ an meinem Bett (er muss vom Plafond gefallen sein) und sprach leise und beruhigend auf mich ein: „Ich bin der Radiologe und gleich wird alles wieder gut“. Er spritzte Fenistil, Cortison und Ranitidin gegen meine allergische Reaktion. Nebenbei gab er die Anweisung, dass mich die Stationsschwester abholen müsse und bemerkte noch: „Kein Wunder, sie hat ja auch eine Penicillin-Allergie“. Ja – für was gibt es denn eine Patientenmappe, wenn keiner reinschaut? Man wartete auf die Stationsschwester und die „Burschikose“ murmelte: „Da draußen warten d`Leit und DEE hält den ganzen Verkehr auf. Die Stationsschwester fragte was passiert wäre und die „Burschikose“ antwortete: „De vertragt koa Kontrastmittel“. „Haben Sie das protokolliert?“ „Na!“ „Und warum net?“ „Ja, sie is hoit rot oglaffa, hot an Juckreis und schlecht Luft kriagt.“  Es wurde in Stichpunkten in meiner Mappe registriert und ich wurde auf mein Zimmer geschoben.
Der Befund war: Wahrscheinlich diskret entzündetes Divertikel. Jedoch sollte zum Ausschluss einer Geschwulstneubildung eine Koloskopie erfolgen. Meine Allergieliste wurde mit dem Kontrastmittel Metamizol ergänzt.
  
Ich bekam Tee, meine tägliche Thrombosespritze und CitraFleet gegen Verstopfung. Der Schwabe kam nachmittags noch mal und empfahl, so als wäre es seine Idee, die vom Radiologen empfohlene Darmspiegelung. Das gespritzte Ranitidin (ein Psychomittel u.a. gegen Unruhe usw.) machte mich schläfrig, ich konnte kaum die Augen öffnen, döste aber nur vor mich hin. Meine Hausperle und meine Tante besuchten mich, sie brachten Nachthemden, Unterwäsche, Handtücher und als wichtigstes mein Sakrotan-Spray, das ich von nun an im WC und am Waschbecken benutzte. Der Schwabe kam vor Dienstschluss noch mal kurz vorbei und erklärte: „Er habe eben mit seinen Chefs, Oberarzt und Professor, konferiert und nach deren Meinung soll die Darmspiegelung erst in 4-6 Wochen angesetzt werden.
Erneut bekam ich gegen 20.oo Uhr meine Antibiotikum-Infusion.

Nachts machte Frau A wieder Rabatz und strampelte ihre Zudecke zur Seite. Am 25.10. gegen 2.oo Uhr klingelte ich der Nachtschwester. Das „blonde, dantschige Gift“ kam und meinte ungehalten: „Oma, jetzt is Nacht und jetzt wird gschlaffa,  deckte sie zu und schon war sie wieder draußen“. Etwa 10 Minuten später ging Frau C zur Toilette und ich hörte ein stöhnen und drücken und dachte noch: „Die arme Frau hat harten Stuhlgang und hat eine frische OP-Naht quer über den Bauch. Ich hatte Mitleid!“ Sie kam zurück, legte sich ins Bett – aber die Geräusche hielten an. Gegen 4.oo Uhr wurden wieder die täglichen Tabletten verteilt und das „blonde Gift“ schnüffelte verdächtig. Frau A lag in ihren dünnflüssigen Exkrementen und sie musste gereinigt und das gesamte Bettzeug gewechselt werden unter dem Lamento: „Oma alles voller Kacka, Oma alles voller Kacka usw.“. Dem „Blondinchen“ gönnte ich den Extra-Einsatz! Gesäubert und frisch angezogen fing sie deutsch zu singen an: „Ich bin eine Hexe, Hexe, Hexe; ich bin eine ... ... ... Vorsichtshalber fragte ich in der Frühe ob Frau C das auch gehört hat, was diese bestätigte. Irgendwie zweifelte ich langsam an meinem Verstand – kein Wunder nach 4 schlaflosen Nächten.  

Schlaflos grübelte ich nach und nahm mir vor am nächsten morgen ein ernsthaftes Gespräch mit dem Schwaben zu führen.
Der Tag begann wieder mit Infusion und Tabletten und ich rief nach dem Württemberger, der auch sogleich kam.
„1. verlange ich, die Darmspiegelung auf alle Fälle während dieses Klinikaufenthaltes vorzunehmen, da ich ja bereits seit 48 Std. den Darm reinige. Sollte es nur eine Kostenfrage sein, dann sagen Sie ihren Chefs, dass ich diese Untersuchung „privat“ bezahlen werde. Genau soo können Sie es weiterleiten oder beide Herren zu mir schicken“; ich war erbost und ihm war es unangenehm.
„2. könnte es sein, dass sich ein Nierenstein in meiner Wasserleitung zur Blase festgesetzt hat?“ Er darauf: „Auf keinen Fall, diese Schmerzen würden Sie niemals aushalten!“ Ich war völlig verblüfft – ich wusste gar nicht, dass ich die letzten Tage „chinesisch“ sprach. Seine Meinung war festgefahren; ich hatte einen Divertikel-Entzündungs-Schub!

Gegen 10.oo Uhr kam er zur Visite und teilte mir offiziell mit, dass morgen vormittags meine Koloskopie angesetzt wurde. Na also – geht doch! Zusätzlich hätte meine Urinprobe ergeben, dass ich an einer starken Blasenentzündung leide, was ich beim Wasserlassen durch „Brennen“ merken müsste; meine Antwort: „Bei mir brennt nix!“ Ab sofort bekam ich zusätzlich das Antibiotikum Metronidazol 2 x täglich in Tablettenform verabreicht.  

Nach unserer Unterredung sagten ihm seine 2 begleitenden Schwestern, dass sie mit der Tochter von Frau A gesprochen hätten und diese ihre Mutter mit nach Hause nehmen würde. „Jede Nacht mit ihr wäre eine Katastrophe!“ Er nickte! Ich wusste gar nicht, dass junge Schwestern eine Patientenentlassung empfehlen und mitentscheiden können. Ein Armutszeugnis für den Assistenzarzt, den ich nur noch gedanklich „Adlatus“ nannte und der für mich ein „Depp“ war.

Gegen 11.oo Uhr kam deren Tochter und ich glaubte zu träumen. Frau A hüpfte (seit meiner Anwesenhit verließ sie nicht einmal ihr Bett!) regelrecht aus den Federn, stand und hob ein Bein nach dem anderen und ließ sich ankleiden. Anschließend setzte sie sich auf die Bettkante, überkreuzte ihre Beine, baumelte damit hin und her, ihre Äuglein blitzen schalkhaft und sie grinste mich an, während ihre Tochter einen Rollstuhl organisierte. Vielleicht doch eine Hexe?

Mittags und abends bekam ich ein Süppchen und wieder meine abendliche Infusion. Ich freute mich auf eine ruhige Nacht. So gegen 20.oo Uhr schob man eine 78-jährige Patientin auf Platz A – ich nenne sie Frau A2. Sie rührte keinen Finger und schlief. Es war so leise in dieser Nacht, dass ich 3 x aufstand und kontrollierte ob sie noch atmete oder schon verschieden war. Ich glaube: „So geht verrückt werden an!“

Der 26.10. begann mit einer Infusion und als Frühstück ½ Liter Abführsaft und Tee. Schließlich müssen beide, gestern verspeiste Süppchen den Darm passieren. Damit hatte ich in dieser Woche 76 Stunden abgeführt. Ich verspürte einen enormen Druck und ging zur Toilette. Meine Schleusen öffneten sich, es machte „Platsch“ und mit einem „einzigen Schwall“ entleerte sich meine Blase – und – mein Bauchweh war weg! Also wenn das kein Nierenstein inkl. Nierengrieß war, fresse ich `nen Besen. Na gut – ich lass` mit mir reden – es könnte auch ein „Weinstein„ gewesen sein bei meinem täglichen Konsum von 2 Glas Rotwein. Nachgucken konnte man nicht, denn in diesem WC gab es keine Ablage, wenn Sie wissen was ich meine.
Schmerzfrei und glücklich schob man mich um 11.3o Uhr zur Darmspiegelung. Ergebnis: Vereinzelt kleine und ein paar größere Divertikel; unauffällige Darmschleimhaut; kein Hinweis auf Entzündung, Polypen oder Tumor.  

Ja – und dann erhielt ich mein 1. Mittagessen: Süppchen, Salat, 1 Apfel und Spaghetti mit roter Hackfleischsoße. Alles, wirklich alles hätte man mir anbieten können aber seit 53 Jahren esse ich weder Hackfleisch (egal in welcher Variante) noch rote Soße. Das muss ich einfach erklären: „Ich war 4 Jahre im Internat bei den Dominikanerinnen und jeden Samstag gab es Fleischpflanzerl (Bouletten oder Frikadellen) zum Mittagessen. Wir Zöglinge nannten dieses Menü „Wochenschau“, denn wenn man die Pflanzerl teilte fand man sämtliche  Reste in zerkleinerter Form, die in der vorherigen Woche übrig blieben; Nudeln, Reis, Kartoffel, Gemüse und auch ein bisschen Hackfleisch! Wenn ich nur dran denke, wird mir übel“.   
Ich schlurfte also mein Süppchen und aß den Apfel. Manchmal ist das Leben schon gemein!

Meine neue Nachbarin, Frau A2, hatte ausgeschlafen und wurde sehr unruhig. Sie hing am Tropf und stand auf. Frau C und ich forderten sie auf, sich wieder zu setzen und wir klingelten. Eine Schwester kam und sagte: „Hob goar net gwußt, dass de steh ko“ und fragte sie „wos is los!“ „Toilette!“ „Lengs eahna hi, i bring die Bettpfanna“. Gesagt, getan und anschließend bekam sie am Bett den berühmten Gitterschutz verpasst.

Abends bekam ich wieder meine Infusion. Ich bat die Schwester einen neuen Zugang zu legen, da mein Arm sehr schmerzen würde. „No, heit` und morgn geht`s scho no“ widersprach sie. Gegen 10.oo Uhr wurde der leere Infusionsbeutel abgenommen und ich bat erneut flehentlich um Entfernung des Zuganges – vergebens.
Wenn Sie nun glauben, es begann die Nachtruhe, dann irren Sie. Frau A2 versuchte über das Gitter zu klettern; ihre langen, dünnen Beine hingen bereits darüber und mit den Händen festgeklammert am Gitter, versuchte sie stets darüber hinweg zu hopsen. Ich klingelte. Die Nachtschwester stellte deren Bett quer zur Wand, somit war wenigstens 1 Seite zum Verlassen versperrt. Nach einer halben Stunde hingen deren Beine eben über die andere Seite. Jetzt wurde ich grantig und klingelte erneut. Ich blaffte die Krankenschwester an: „Holen Sie sofort eine Bettwache! Es kann doch nicht sein, dass Mitpatienten als Nachtwachen fungieren müssen?“ Ihr Kommentar: „Bettwachen gibt es in unserem Hause nicht!“ Jetzt stieg meine Wut: „Dann empfehle ich Ihnen Frau A2 mitzunehmen und in ihrem Stationszimmer zu deponieren und zu bewachen, ansonsten flippe ich jetzt aus und glauben Sie mir, das wird unangenehm!!“ Trotzig und beleidigt über meine Worte, schob sie Frau A2 aus unserem Zimmer.

Am 27.10., wie jeden Morgen um 4.oo Uhr, bekamen wir die Tablettenration und gegen 6.oo Uhr wurde Fieber (36,2°C) und Blutdruck (186/120 – kein Wunder!!) gemessen. Um 8.oo Uhr kam die Schwester mit meiner Infusionsflasche (Ciprofloxacin 400mg/200ml, seit 23.10. täglich 2x). „Jetzt ist Schluss! Sie entfernen sofort den Zugang!“ Erschrocken ob meiner Stimmlage entfernte sie den Einband und das Pflaster und wurde bleich. Mindestens 2 Infusionen liefen nicht in die Vene sondern nebenan ins „Fleisch“ und dementsprechend war um die Armbeuge alles verhärtet und geschwollen; ich konnte vor Schmerzen den Arm nicht heben. Sie verpasste mir einen Verband. Dann schob man auch Frau A2 wieder ins Zimmer, völlig ruhig gestellt machte sie keinen Zuckerer und schlief tief und fest.    
Der Adlatus kam zur letzten Visite, begleitet von seinem 1. Chef und  ich konnte es mir einfach nicht verkneifen: „Schön dass ich Sie noch kennen lernen durfte, Herr Professor – wenigsten zum Abschied!“  

Gegen 11.3o Uhr wurde ich entlassen. Meine Hausperle holte mich und gleich anschließend meinen Hund ab. Gegen 17.oo Uhr duschte ich ausgiebig (was ich in der Klinik tunlichst vermieden hatte) und gegen 18.oo Uhr schlief ich bereits – am Samstag um 8.oo Uhr weckte mich mein Leo, nach 14 Stunden Tiefschlaf. Ich trank 2 Tage nur Wasser, Tee und Gemüsebrühe und aß eingetunkten Hefezopf – ich hatte das Gefühl, dass mein Magen wund ist, wegen der vielen Abführmittel; besonders das tägliche CitraFleet empfand ich als aggressiv.

Montag, den 30.10. fuhr mich meine Hausperle zum Hausarzt wegen meinem linken Arm. Er sagte nur: „Oje, da gibt es nichts, außer einen Salbenverband mit Voltaren. Die eingelaufene Flüssigkeit muss sich von selbst abbauen.“ „Na Servus!“ Ich fragte: „Herr Doktor, ist das nicht Körperverletzung?“ Er wurde sehr ernst und meinte: „Ja wissen`S, heut` zutag` sind die jungen Schwestern völlig überlastet!“ „Keine Angst Herr Doktor, ich werde keine Anzeige erstatten, denn es könnt` ja sein, dass ich mal wieder auf derselben Notaufnahme lande – und dann schiebt man mich von dort direkt ins Sterbekammerl und sperrt von außen zu!“ Darüber konnte er herzlich lachen.

Seit 03. November bin ich völlig schmerzfrei.

In den schlaflosen Nächten grübelte ich und einige Male dachte ich: „Bestimmt gibt es interne Vereinbarungen zwischen Kassen und Kliniken, dass man mit „den Alten“ nicht lange „fackeln“ soll – dees lohnt eh nimmer. Eigentlich unlogisch – aber man kommt auf die kuriosesten Gedanken, wenn man von den Ärzten „nicht für voll“ genommen wird.

Wenn ich an die „burschikose Alte“ in der CT-Abteilung denke, fallen mir die legendären Zeitungsberichte der zahlreichen „Todesengel“ ein. Ist das nicht eigenartig?

Außerdem denke ich jetzt oft darüber nach, wie respektlos, kränkend und diskriminierend die „alten Patienten“ behandelt werden. Es steht keiner Schwester zu – egal wie jung sie ist – eine alte Dame, auch wenn sie noch so renitent ist, als „Oma“ zu bezeichnen. Oder der oft gehörte Ausspruch: „jetzt legen wir uns hin“! Was heißt hier „wir“ und  „uns“? Ich durfte feststellen, dass die jungen Pfleger weit mehr Respekt vor den alten Patientinnen haben als ihre Kolleginnen.

„Es muss ein Schwerpunkt bei der Pflege-Ausbildung sein, dass die Würde jedes Menschen unantastbar ist  – so steht es doch im Grundgesetzt – oder irre ich?“
Höflichkeit ist eine Zier – auch bei Stresssituationen!

Und die, meist arrogante, Ärzteschaft sollte ihre Patienten ernst nehmen und nicht „Götter in Weiß“ spielen. Auch für sie gilt – irren ist menschlich – und unbestritten sterben täglich Menschen an Fehldiagnosen und an ärztlichen Kunstfehlern. Sie sollten ernsthaft über ihre eigene Unzulänglichkeit nachdenken und die ethischen Grundsätze des Hippokrates täglich verbindlich ausüben!

Früher wurde man Arzt aus Berufung – heute geht es um die Penunze!
Der Patient ist lediglich nur noch eine Nummer!

Wehe dem – der da auf`s Maul gefallen ist!


Christine Obermeier

Ponholz, 27.11.2011

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