Hans-Peter Scherbaum, Frankfurt am Main
Königsberg a.d. Eger – Brief 1 (5) 1564
Dem Ehrwirdigen unnserm lieben
andechtigen Gregorio Noßwitz Pfar=
rern Zur Khönigspergk
(spätere
lat. Bemerkung:)
Nomine Paulus, anno (nachträglich 1554 ist falsch!)
Dno Regiomontensi (?
nicht lesbar)
Antonius von
Gottes genaden Ertz Bischove
Zur Prag des
heiligen Apostolischen
Stuels
erbornnen Legat
Wirdiger
Anedechtiger besonnder lieber. Uns berichtet
der Ehr
Dechant Zum Elbogen, wie Ir Ehr Pauln Zur
Eger vor einen
Caplan begeret, und solches durch Ine an unns
gelangen
lasset. Also sein wir glich wol
zufriden
das Ir
ermeltten Ehrn Pauln, weil er sonnst, wie wir erfahren,
Zur Eger etwas
ubek(l) gehaltten sol werden, vor
ainen Caplan
Zur euch auff
Euer Pffarr nemet, Unnd vorhelffet damit
er nach
abganng des fruemessers bey euch , dieselb Fruemeß
auch bekhommen
möge, Sein euch mit glich wol
genaigt.
Geben In
unnserm Ertz Bischofflichen Hoff Zur Prag den Sechsten
Novembl anno
Im Lxiiii (ist 06.11.1564) (spätere Handschrift: 1554?)
Antonius
Eb
Christine
Obermeier
Brief von 1564
an den Pfarrherrn von Königsberg a.d.Eger
Absender des Schreibens ist der Prager Erzbischof,
Antonius Brus von Müglitz (* 13.02.1518 in Müglitz + 28.08.1580 in Prag).
Bestätigt am 05.09.1561 durch Papst Pius IV. ist der Wiener Bischof und
Großmeister des Kreuzherrenordens mit dem roten Stern, in das Prager Erzbistum
eingezogen, welches 140 Jahre vakant war. Sein Salär betrug 6000 Gulden von der
königlichen Kammer und das „öde“ Zisterzienser-Kloster in Ossek.
Kaiser Ferdinand I., König von Böhmen, sandte den
Erzbischof im Januar 1562 als kaiserlichen Legat und Orator zum Konzil nach
Trient, um diverse kaiserliche Wünsche durchzusetzen, die aber vom Konzilium
als „Sachen der Lutheraner“ abgeschmettert wurden. Damit war die Trennung der evangelischen
von der katholischen Kirche endgültig vollzogen.
Der Zeitpunkt des Amtsantrittes im Erzbistum Prag war ein
erdenklich schlechter und auch sehr verspätet, da der Protestantismus in Böhmen
bereits Einzug gehalten hatte und viele katholische Pfarrkinder (besonders die
grenznahen) bereits in die „Irrlehre“ abgefallen waren; so auch die Egerer, die
allerdings zum Bistum Regensburg und schon seit 1560 der evangelischen Religion
angehörten.
Adressat des Briefes ist der katholische Pfarrer in
Königsberg a.d.Eger, Gregorius Noßwitz. Wie es schien, ließ dieser durch den
elbogener Dekan mitteilen, daß er gewillt war, den armen, schikanierten Paulus
(Vorbringer), ein „Überbleibsel der
katholischen Riege in Eger“ als Kaplan zu übernehmen. Der Erzbischof stimmt
diesem Ansinnen „wohlgeneigt“ zu mit dem Hinweis, daß, wenn der alte Frühmesser
(Johannes NN) stirbt (was 1565 auch geschah), er, der Paulus,
dieses Amt ebenfalls übernehmen soll (Frühmesser
ist ein Geistlicher, der von einer Frühmeßstiftung lebte. Er mußte tägl.
morgens in Königsberg am „Altar der
Engel“ eine Messe lesen).
Gregorius Noßwitz war bis 1583 Pfarrer in Königsberg
und von 1583 bis 1590 Kommandeur des Kreuzherrenordens mit dem roten
Stern.
Christine Obermeier
Ponholz, 20.11.2012