Sonntag, 19. Mai 2013

„UV oder Soupis von 1651“. Was verstehen wir darunter ?



Wer in Böhmen historische oder genealogische Forschung betreibt, stößt unweigerlich irgendwann auf den Hinweis: „UV oder Soupis von 1651“. Was verstehen wir darunter ?

Der 30-jährige Krieg (1618-1648) war ein Glaubenskrieg und die Böhmen überwiegend protestantisch. Der Majestätsbrief vom 09.07.1609 durch Kaiser Rudolf II. (seit 1575 König von Böhmen) sicherte allen böhmischen Landsleuten Gewissensfreiheit und freie Religionsausübung zu. Die Protestanten erhielten das Recht auf den Bau von Kirchen, Schulen und durften Lehrstühle an der Prager Universität besetzen. Die katholischen und protestantischen Stände sicherten sich gegenseitige Duldung zu.  
Der streng katholisch erzogene Kaiser Ferdinand II. wurde 1617 zum König von Böhmen gekrönt nachdem er feierlich versprach, den Majestätsbrief und alle darin gewährten Privilegien anzuerkennen. Er dachte allerdings ganz und gar nicht daran, sein Wort zu halten und verletzte die verbriefte Toleranz. Die Folge darauf waren der 2. Prager Fenstersturz und der Böhmische Aufstand, was schließlich zum Ausbruch des 30-jährigen Krieges führte.
Ferdinand II. entlud über die Protestanten in Böhmen ein grausames Strafgericht; Hinrichtungen, Vertreibungen und Konfiskationen von Gütern waren an der Tagesordnung. Wer nicht katholisch werden wollte mußte auswandern – die Gegenreformation wurde mit aller Härte durchgeführt, egal ob es sich um Adlige  oder einfache Tagelöhner handelte.  
Endlich dann nach langen Kriegsjahren die Unterzeichnung des Westfälischen Friedens (24.10.1648 in Münster/Osnabrück) durch Kaiser Ferdinand III. (Sohn – 1627 zum erblichen König von Böhmen gekrönt) und damit Kriegsende.

Kriegsende bedeutete in Böhmen allerdings nicht gleichzeitig Reformationsende. Im Gegenteil, durch Kriegswirren zwangsläufig verhindert, konnte man nun die Rekatholisierung nachdrücklicher und intensiver fortsetzen. Nur, hierzu mußte man die Glaubensverhältnisse im Land Böhmen gründlich eruieren.

Auf Grund des Patentes der königlichen Statthalter vom 16.11.1650 (gültig seit 04.02.1651) wurde das Formular Verzeichnis der Untertanen hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zum katholischen Glauben erstellt. In den einzelnen 8 Rubriken sind aufgeführt: Name, Stand, Beruf, Alter, Katholisch, Unkatholisch, Hoffnung auf Bekehrung, keine Hoffnung auf Bekehrung. Die jeweils verantwortlichen Obrigkeiten wurden von den Kreishauptleuten angehalten, binnen 4 bis 6 Wochen diese Formulare auszufüllen. Jedes Verzeichnis enthält am Ende einen Text, der den Zustand der Seelsorge auf der Herrschaft oder auf dem Gut dokumentiert. Mit der Formel „über die Richtigkeit und Wahrhaftigkeit der angeführten Angaben, Datum, Siegel und Unterschrift“ ist das Verzeichnis abgeschlossen.    

So entstand 1651 das Untertanen-Verzeichnis (UV) oder auch Soupis poddanych genannt. Die Originale werden im Staatlichen Zentral Archiv in Prag aufbewahrt.


Das UV ist nicht nur eine Grundlage für Genealogen, sondern bildet auch eine Quelle mit einer Fülle von Informationen für Forscher aus den Bereichen Demographie, Kirchen-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie der Denkmalpflege. 
 Ihre
Christine Obermeier
Ponholz, 06.08.2011