Wer in Böhmen historische oder genealogische Forschung betreibt, stößt
unweigerlich irgendwann auf den Hinweis: „UV oder Soupis von 1651“. Was
verstehen wir darunter ?
Der
30-jährige Krieg (1618-1648) war ein Glaubenskrieg und die Böhmen überwiegend
protestantisch. Der Majestätsbrief vom 09.07.1609 durch Kaiser Rudolf II. (seit
1575 König von Böhmen) sicherte allen böhmischen Landsleuten Gewissensfreiheit
und freie Religionsausübung zu. Die Protestanten erhielten das Recht auf den
Bau von Kirchen, Schulen und durften Lehrstühle an der Prager Universität
besetzen. Die katholischen und protestantischen Stände sicherten sich
gegenseitige Duldung zu.
Der streng
katholisch erzogene Kaiser Ferdinand II. wurde 1617 zum König von Böhmen
gekrönt nachdem er feierlich versprach, den Majestätsbrief und alle darin
gewährten Privilegien anzuerkennen. Er dachte allerdings ganz und gar nicht
daran, sein Wort zu halten und verletzte die verbriefte Toleranz. Die Folge
darauf waren der 2. Prager Fenstersturz und der Böhmische Aufstand, was
schließlich zum Ausbruch des 30-jährigen Krieges führte.
Ferdinand II. entlud über die Protestanten in Böhmen
ein grausames Strafgericht; Hinrichtungen, Vertreibungen und Konfiskationen von
Gütern waren an der Tagesordnung. Wer nicht katholisch werden wollte mußte
auswandern – die Gegenreformation wurde mit aller Härte durchgeführt, egal ob
es sich um Adlige oder einfache Tagelöhner handelte.
Endlich dann
nach langen Kriegsjahren die Unterzeichnung des Westfälischen Friedens
(24.10.1648 in Münster/Osnabrück) durch Kaiser Ferdinand III. (Sohn – 1627 zum
erblichen König von Böhmen gekrönt) und damit Kriegsende.
Kriegsende
bedeutete in Böhmen allerdings nicht gleichzeitig Reformationsende. Im
Gegenteil, durch Kriegswirren zwangsläufig verhindert, konnte man nun die
Rekatholisierung nachdrücklicher und intensiver fortsetzen. Nur, hierzu mußte
man die Glaubensverhältnisse im Land Böhmen gründlich eruieren.
Auf Grund
des Patentes der königlichen Statthalter vom 16.11.1650 (gültig seit 04.02.1651)
wurde das Formular Verzeichnis der Untertanen hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit
zum katholischen Glauben erstellt. In den einzelnen 8 Rubriken sind aufgeführt:
Name, Stand, Beruf, Alter, Katholisch, Unkatholisch, Hoffnung auf Bekehrung,
keine Hoffnung auf Bekehrung. Die jeweils verantwortlichen Obrigkeiten wurden
von den Kreishauptleuten angehalten, binnen 4 bis 6 Wochen diese Formulare
auszufüllen. Jedes Verzeichnis enthält am Ende einen Text, der den Zustand der
Seelsorge auf der Herrschaft oder auf dem Gut dokumentiert. Mit der Formel
„über die Richtigkeit und Wahrhaftigkeit der angeführten Angaben, Datum, Siegel
und Unterschrift“ ist das Verzeichnis abgeschlossen.
So entstand
1651 das Untertanen-Verzeichnis (UV) oder auch Soupis poddanych genannt. Die
Originale werden im Staatlichen Zentral Archiv in Prag aufbewahrt.
Das UV ist
nicht nur eine Grundlage für Genealogen, sondern bildet auch eine Quelle mit
einer Fülle von Informationen für Forscher aus den Bereichen Demographie,
Kirchen-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie der Denkmalpflege.
Ihre
Christine
Obermeier
Ponholz,
06.08.2011