St. Joachimsthal (Jachymov) im böhmischen Erzgebirge wurde
1519 zur königlichen freien Bergstadt erhoben und hatte durch die großen
Silbervorkommen bereits 1533 etwa 18.000 Bewohner; zur damaligen Zeit eine
Großstadt. Ja – und jede Großstadt hatte natürlich einen Scharfrichter (SchR)
und eine Fronstatt mit Büttel oder „Lictoren“, denn – wo „Reichtum“ versprochen
wird, sind Gauner nicht weit.
Die Copulationsbücher beginnen in St. Joachimsthal im Jahre
1531, die Taufbücher im Jahre 1560. Alle Personen sind evangelisch-lutherischer
Konfession. Grundlage für die Erfassung der Daten bildete der Julianische
Kalender.
Der 1. SchR wird 1525 (G/T # 2975) namentlich genannt,
Hans Mullner. Es dürfte jener sein, der 1531, wahrscheinlich als Witwer, erneut
heiratete mit folgendem Eintrag:
Hans moller der
scharffrichter oo Anna Raben(us) (24.12.1531 in St. Joachimsthal). Beide
Brautleute waren aus St. Joachimsthal, ansonsten hätte der Pfarrherr die
Herkunftsorte mit verzeichnet. Hans Moller muß vor 12/1541 verstorben sein,
denn: Jacoff Mäschel oo Anna eine
nachgelaßene witfraw Hanns mullers cop. 12. Januarius 1542.
Als 2. SchR erscheint im Trauungsbuch Blasius Fischer, dessen Tochter Anna heiratete: Barttel Deümling von Gere oo Anna filia
Blasius Fischers carnificis. testes Kilianus Jacob et Hans Schefner cop.
Mercurius p11D Trinitatis (23.06.1560). Hierbei dürfte es sich um den Bartholomäus
Deubling, SchR in Gera und Annaberg handeln, der bei G/T # 568 (Glenzdorf
/Treichel, Henker Schinder und arme Sünder – „das Gebetbuch aller
SchR-Forscher“) genannt wird. Blasius
Fischer heiratete nicht in St. Joachimsthal; die Tochter Anna dürfte um 1540
geboren sein.
Als 3. SchR erscheint in den Taufbüchern Hans Schmidt, der als „Carnifex“ 2 Kinder
in St. Joachimsthal taufen ließ: Anna ~
D.2p.Epiph. 1561 und Johannes ~
D.5p.Trinit. 1563. Verehelicht war er mit einer NN Margaretha, die um 1537
geboren sein dürfte. Hans Schmidt starb vor 5/1564.
Eine Tochter des Hans Schmidt, geboren vor 1560, namens
Magdalena heiratet in folgendem Eintrag:
Frantz Schlegel von Schwarzenberg oo Magdalena filia Hans Schmidts seligen
teste Urban Meder et Jacob Fischer vitricus (Stiefvater der Braut) cop. D26p
Trini. 1583. Dieses Paar bekam in Schwarzenberg Kinder und übernahm um 1598
die SchR-Stelle in Amberg (G/T # 3755), wo Magdalena
angeblich am 06.09.1601 verstarb (Sterbedatum von Fr. Dr. Ilse Schumann).
Als 4. SchR ist Jacob
Fischer in St. Joachimsthal tätig, er kam aus Jena und heiratete lt.
Eintrag in St. Joachimsthal: Jacob
Fischer von Jene (Carnifex) oo Margaretha vidua Hanß Schmidts seligen
Carnificis testes Christof Dobner, Gerber et Hanß Enck, lictor. dies Luna p4D
Trinit. (14.05.1564). Dieses Paar ließ folgende 6 Kinder in St.
Joachimsthal taufen: Mathes ~ D11pTrini. 1565; Heinrich
~ D21pTrini. 1567; Urban ~
Trinitatis 1570; Maria ~ D15pTrini.
1572; David ~ Dp Natalem 1574 und Georg ~ Latare 1577. Es dürfte sich
um den Jacob Fischer handeln, der bei G/T # 913 genannt ist und von 1594 – 1606
als SchR in Eger tätig war.
Als 5. SchR heiratet Heinrich
Fischer (* 1567) in St. Joachimsthal lt. Eintrag: Heinrich Fischer oo Margaretha filia Matthes Leisen teste Greger
Schwartz et Christoff Kölbel cop. D2p
Trinitatis 1588. Drei Kinder diesen Paares sind eingetragen: Jacob ~ zu Palmarum 1589; Margaretha ~ Cantate 1590 und Caspar ~ D8pTrini. 1592. Heinrich
Fischer wird als SchR um 1600 in Amberg genannt (G/T # 915).
Als 6. SchR in St. Joachimsthal fungierte David Fischer (* 1574). Sein
Traueintrag lautet: David Fischer, Scharfrichter
alhie. oo 1600 Magdalena filia Bernhard Schlegel, Scharfrichters uff S. Annaberg. Testes sponsa Pater cop. uff S. Annaberg (proclamiert D23pTrinitatis in St.
Joachimsthal). David Fischer ist bis etwa 1608 in St. Joachimsthal und geht
dann als SchR nach Zwickau, wo er vor 6/1618 stirbt. (G/T ## 916,917,1814).
Weitere Geburten können nicht eruiert werden, da das 1.
Taufbuch nur von 1560 – 1593 erhalten ist und das Folgebuch erst 1665
beginnt.
Vielleicht vermögen Sie ja mit dieser Ausarbeitung die eine-
oder andere Lücke Ihrer Scharfrichterforschung zu schließen.
Dies wünscht Ihnen
Christine Obermeier
Ponholz, 17.08.2013